Freitag, 28. November 2014

Experimentallisten erziehen - und wie stehen Kinder dazu?

           Martha und ihr Sohn Samuel leben mit anderen Familien auf dem Bauernhof. Es gibt dort eine Gemeinschaftsküche, wo alle zum kochen und zum essen kommen. Die Wiese ist ständig für die Kinder zugänglich, wo sie auch gerne spielen. Oder im Treppenhaus. Martha und Samuel teilen sich ein Zimmer, halten dort beide aber fast nur über die Nacht auf.
Tagsüber arbeitet Martha in einem Yoga-Zentrum als Lebens- und Ernährungsberaterin. Es ist nur ein Halbtagsjob, mit dem Gehalt ist sie aber mehr als zufrieden. Wenn sie arbeitet, geht Samuel in den Waldkindergarten, aber nur für drei Tage in der Woche. An den anderen zwei Tagen nimmt ihn Martha mit in die Arbeit. Dort hat er sein Spielzeug oder beschäftigt sich mit Zeichnen. Manchmal lässt ihn Martha die Geschichten für Kinder auf You-Tube anschauen. Das Yoga-Zentrum hat auch ein Hinterhof, wo Marthas´ Sohn spielen darf.
Nach der Arbeit verbringen sie noch zusammen Zeit in der Stadt. Dank dem, dass sich Martha noch in der Studienzeit ein Auto verschaffen hat, sind sie nicht an den Zug gebunden. Dann gehen sie zusammen essen oder besuchen eine Freundin oder Großeltern. Alle haben Samuel gerne und das freut Martha. Am Abend, wenn sie noch nicht nach hause wollen, gehen sie noch zusammen zu einem Konzert, ins Kino oder zu einer Ausstellung. Dienstags hat Samuel Fußball. Dort bleibt auch Martha dabei und schaut sich sein Spiel an.
Martha ist eine experimentelle Mutter. Für sie ist es wichtig, dass ihr Kind aktiven Teil an ihrem Leben nimmt. Von ihrem Job erwartet sie, dass er vielseitig ist und diverse Teile der Persönlichkeit stärkt. Das selbe wünscht sie sich auch für den Samuel und seine Zukunft. Ein interessantes, abwechslungsreiches Leben zu führen, wo man seine Leidenschaften auslebt, ist für sie wichtiger, als dem Kind einen Tag mit exakten Rahmen zu organisieren. Ihr Ziel ist es, sich eine partnerschaftliche Beziehung mit ihrem Sohn auszuarbeiten, so dass man mit ihm später noch was trinken oder shoppen gehen kann.

Wir als Experimentallisten neigen immer öfters zur Familiengründung. Ob für diesen Partnerschaftliche Erziehungsstiel, wo niemand ein Beispiel bekommt, dass man mal auch für jemand Entscheidungen treffen muss und wo ein Erwachsene sich mal auch nur mit sich selbst zu beschäftigen braucht, also sich die Zeit nur für sich nehmen sollte, wo wir uns mehr als einen Partner als ein Vorbild sehen, unsere Kindern als Erwachsene uns lieben oder hassen werden, wird sich dann wohl zeigen.

Freitag, 21. November 2014

Familie mal anders

              Im Deutschunterricht passiert heute das Gedichte-Lesen. Martin sitzt in der dritten Reihe und hört zu. Die Lehrerin ließt aus dem Unterrichtsbuch vor:
´´Wenn Mama und Papa nach Hause kommen, freuen wir uns, ich und Anna. Papa ließt uns eine Geschichte vor und Mama deckt den Tisch. Heute gibt es Rostbraten. Wenn Papa uns vorgelesen hat, setzen wir uns zusammen. Bevor wir essen, betten wir und bedanken uns bei dem Gott für unsere Mahl Zeit. Nach dem essen räumt Mama auf und Papa lässt uns ein bisschen draußen zu spielen. Dann machen wir die Hausaufgaben. Bald wird es die Schlafzeit und Mama kommt erst zu Anna ins Zimmer, dann zu mit. Wir sagen ´´Gute Nacht´´.´´
Martin schaut aus dem Klassenzimmer-Fenster. Draußen liegt Schnee. Die Geschichten aus dem Deutschunterricht mögen zu Hause Birgit und Julia nicht. Sie sagen dann immer, dass es ein Klischee ist und Martin sollte Märchen von Michael Ende lieber lesen. Als Martin heute nach Hause kommen wird, wird Julia noch nicht mit ihrer Arbeit fertig sein und er bekommt als erste ein Stück Brot mit Schinken. Danach kommt Birgit und es wird gekocht. Birgit will kein Fleisch zubereiten und es gibt ein Eintopf stattdessen. Martin liebt die Eintöpfe von Birgit. Nach dem Essen übt Julia mit Martin Klavier. Dann darf er noch mit einem Freund spielen und dann wird es gelernt.
Später muss Birgit noch ihre Büroarbeit machen und beim Anziehen hilft Martin Julia. Sie macht auch das Licht im Zimmer aus, sagt ´´gute Nacht´´ und schließt die Tür.

In der Schule sind Kinder normalerweise mit dem Bild einer weißen, deutschen, heterosexuellen Familie mit wenig Kindern konfrontiert, wobei dieses Vorbild immer noch als der einzige der glücklichen Familie gilt. Andere Lebensformen, wie Homosexuelle Ehe, Patchwork- oder WG-Familien werden im Unterricht so gut wie gar nicht erwähnt. Anbei gibt es immer mehr von solchen Familien und dass die Kinder später ihre Lebensform in der sie glücklich sind als abnormal sehen müssen, ist eine beängstigende Tatsache.

Montag, 17. November 2014

Blätter im Wind

            In dem Moment, in dem Lars aufwachte, hat der neblige Morgen erst angefangen. Um die Jahreszeit fing er gerade dann an, wenn die innere Uhr den Menschen sagte, dass es schon an die Zeit wäre, langsam sich aus der Bettwäsche herauszukriechen und die erste Zigarette anzuzünden. Dies tat auch Lars. Er stand auf und ging zum Fenster. Da er es nicht gerne hatte, in einem angerauchten Zimmer zu sitzen, öffnete er als erstes das Fenster. Das Kalte Luft kam ins Zimmer hinein. Er mochte dieses Kalte Luft auf der nackten Haut zu spüren. Er fühlte sich, als ob er auf einem Eisberg aufgewacht wäre und atmete hungrig diese Kälte ein. So rauchte er seine Zigarette um den restlichen Schlaf von seinen Schultern abzubekommen.
Als er die Zigarette fertig rauchte, schaute er erst mal auf die Uhr. 7.30. Um 10 Uhr sollte seine Schicht im Stadtteil der Träume anfangen. Noch gerade genug Zeit einen Kaffee zu trinken, dachte Lars, und ging in die Küche. Dort stellte er das Wasser auf den Herd und fing an das Brot zu vorbereiten.
Das Brot vorbereitete er immer sehr sorgfältig. Es sollte ja für alle drei Pausen reichen und reichlich belegt sein, damit es ihm bei der Arbeit an Nahrung nicht fehlte. Dafür nahm er immer etwa Schinken, Käse, Fisch und Salat. Die Brote beschmierte er auch mit genügend Butter damit er mit Fett versorgt war. Er machte sich keine Sorgen, dass er vielleicht zu viel zu essen mitnahm, es wird sich schließlich jemand finden, mit dem er seine Mahlzeit teilen wird. Und da Lars ein von wenigen war, die seine Brote in der Ruhe vorbereiten durften, nahm er immer etwas mehr davon in die Arbeit mit.

Der Weg in den Stadtteil der Träume von dem Stadtteil, den Lars bewohnte, musste man mit dem Zug überqueren. Man fuhr eine ganze Stunde Lang dorthin und diese Stunde verweilte Lars, in dem er aus dem Fenster schaute und an nichts besonderes dachte. Damals hat er noch versucht auf diesem weg eine Zeitung zu lesen, jetzt aber waren ihm alle die Nachrichten dermaßen gleichgültig, dass er es ganz aufgegeben hat, sich für das aktuelle Geschehen zu interessieren.
So saß er da auf seinem Platz und betrachtete die Häuser, Spielplätze, Schulen und alles, was auf dem Weg gelegen war. Anbei überlegte er sich nie die Unterschiede zwischen dem, was innen und außen von dem Stadtteil der Träume passierte, schließlich war er dort nur für das Mauerbau zuständig. Ihm war es wichtig, dass die Ziegelsteine gleichmäßig und schlicht gelegen waren und dass nichts auffiel. Der Mauer wuchs auch schon zehn Jahre nach oben Hinauf und immer ergab sich etwas, was man noch nachbauen, oder nochmals anfertigen sollte. Zusammen mit anderen dreißig Arbeiter baute er also den Mauer immer größer und perfekter. Die Gewerkschaft versicherte ihm auch die Arbeit für nächste zwanzig Jahre, seit zehn Jahren war er also von der Pflicht befreit, sich eine andere Beschäftigung suchen zu müssen.
Als der Zug endlich ankam, nahm Lars noch den Bus, der ihn sicher über die Wiese brachte. Über die Wiese dürfte keine Zugverbindung gelegt werden, da sie schon zu dem Stadtteil der Träume gehörte und die dortigen Bewohner wünschten sich das nicht, da sie denen zum ausführen den Hunden und den Kindern zum spielen diente und der Zuglärm könnte sie belästigen.

Wer mal den Stadtteil der Träume bewohnte, verließ ihn auch ganz selten. Es war auch nicht allzu einfach, dort mal gewohnt zu haben, da man dafür seine Gründe haben und eine beitragende Wirtschaftskraft werden musste. Die einzigen, die zwischen dem Stadtteil der Träume und dem Rest der Stadt hin- und herreisten, waren die Arbeiter, die aus anderen Stadtteilen kamen, da es ziemlich teuer war, in der Stadtteil der Träume zu leben, und ihr Lohn ziemlich bescheiden war. Sie verweilten dort auch nie länger, als ihre Schicht andauerte, nie benutzten sie auch die Möglichkeit, noch nach der Arbeit zum Bierausschank zu schauen, ihre Aktivität dort beschrenkte sich also nur auf die Bau der Mauer.
Für die Maurer richtete die Regierung des Stadtteils der Träume Containerräume ein, damit sie dort in Ruhe in den Pausen essen konnten. Diese hielten sich auch an den Mahlzeiten Ablauf an, das immer in der gewissen Ordnung ablief. Jeder brachte immer, was er von Zuhause mitzunehmen geschafft hatte und teilte es mit anderen. Das hat sich auch die Regierung gewünscht, damit die Beziehungen in der Gewerkschaft gepflegt blieben. Dann aßen sie, zwar ohne sich zu viel miteinander zu unterhalten, räumten aber schließlich zusammen auf und kehrten zur Arbeit zurück.
Mal hat Lars ein riesiges Stück Hühnchen von gestern mitgebracht. So was hatten seine Kollegen nie, da ihre Frauen zu müde waren, für sie so großartig zum Kochen. Gleich hat sich das auch in der Gruppe herumgesprochen und bald war das ganze Hühnchen weg. Dieser Erfolg von seinem Hühnchen freute ihn, da Lars ein Mensch war, den es immer freute, wenn er anderen was gutes tun durfte.

Die Baustelle der Mauer des Stadtteils der Träumen bewohnten unzählige Katzen. Es hat sich immer ein Loch gefunden, in den sie sich hineinkriechen konnten und das taten sie. Sie vermehrten sich dort immer auch um die Jahreszeit, in der sich die Tiere normalerweise vermehren und ließen ihre Jungen im Winter überall herumlaufen. Diese sind dann für die Maurer erstmal zu einer enormen Belastung geworden, da sie ziemlich unvorsichtige Wesen waren und auf alles neugierig. Sinnlos versuchten die Arbeiter diese Plage zu bekämpfen, die Regierung der Stadtteil der Träume hat ja auch verboten, die Katzen aus der Bau zu räumen. Und so mussten sie, ob sie das wollten oder nicht, mit der Beachtung der kleinen Bewohner arbeiten.
Ab einem Moment haben sie sich mit den Katzen schon dermaßen zusammengelebt, dass sie angefangen hatten, denen die Namen zu vergeben. Und wenn immer die Arbeit gerade stillstand, erzählten sie sich kleine Geschichten über die oder andere Katze, wobei sie immer eine neue Geschichte zu erfinden hatten. Mal ist auch die Katze, über die es gerade erzählt wurde aufgetaucht, hörte interessiert zu, murmelte eine nur sich bekannte Antwort auf die Geschichte und verschwand wieder in ihrem Loch.
Nach der Arbeit vergaßen sie wieder alle Katzen und Geschichten über denen und führten wieder zu ihren besorgten Haushalten zurück, über die Wiese und dann mit dem Zug. Ebenso vergaßen sie dann die Baustelle und die Regierungsvorschriften. Der schwere Tag war dann vorüber.

Der Baumeister erlaubte seinen Arbeiter ab und zu eine kleine Bierrunde, besonders, wenn es gerade an die Arbeit fehlte. Man kaufte dann einen großen Fass und setzte sich rund um den. Die Maurer wetteten immer, wer am meistens Bier ins Magen zu bringen schafft und alle zählten laut, als es getrunken wurde. Der schnellste und der größte Trinker bekam sein Bierlein kostenlos.
Mal gewann Lars die Runde und aus der Freude, dass es ihm gelungen ist, spendierte er nächsten Fass für alle. Dann tranken sie reichlich und der nächste Gewinner spendierte nächste Runde. Zum Schluss hatte jeder schon genug ins Mund gekriegt und die Arbeit musste auf nächsten Tag verschoben werden. Und trotz den gemeinsamen Kopfschmerzen an dem nächsten Tag freute es die Gewerkschaft, weil die Arbeiter auf diese Weise zufriedener waren.
Und obwohl sie alle in diesem Zustand fürchterlich auffielen, waren sie dermaßen glücklich, dass sie beschlossen hatten, diesmal zusammen den Zug zu nehmen und sich neben einander zu setzen. Dann sangen sie noch betrunkene Lieder über gütige Frauen und deren Töchter. Und obwohl sie dann später weiterhin nie wieder neben einander gesessen sind, behielten sie diesen Abend in der besten Erinnerung.
In der unmittelbaren Nachbarschaft der Mauerbau verkauften die Stadtweiber ihre Körbe. Die vorbereiteten sie in den Stadtteil-Werkstätten an anderem Ende des Stadtteils der Träumen und verkauften zu einem günstigen Preis an die Bewohner. Sie gebrauchten die Körbe später auf dem Markt. So ein Korb war nach einem Jahr aufgebraucht und die Weiber mussten es mit der neuen Produktion rechtzeitig schaffen. Trotzdem hatten sie nicht immer Kundschaft, und wenn sie gerade keine hatten, unterhielten sie sich mit den Maurern.
Die Weiber hatten ihre spezielle Art sich mit den Arbeiter zu unterhalten. Sie behandelten sie immer mit einer mütterlichen Vorsorge, fragten immer, wie es denn gerade mit der Frau ergeht und ob sie reichlich bei der Mahl Zeit gegessen haben. Mal hatte der eine oder der andere Bauchschmerzen, dann ging er zu den Stadtweibern und betete um einen Melisentee. Die freuten sich immer, wenn er mit so einem Wunsch kam, da sie immer reichlich in jeglichen Tee versorgt waren und so fand es sich immer jemand, der einen trinken wollte.
Diese Beziehungen zu den Weibern waren bei der Gewerkschaft auch willkommen, da sie sich keine Sorgen um das Befinden seinen Arbeiter machen müsste und das hielt diese zufrieden.

Jeden Tag fuhr also Lars über die Stadt und jeden Abend kehrte er mit dem selben Weg zurück. Jedes Mal machte er sich auch einen kleinen Spaziergang auf dem Rückweg. Um die Jahreszeit waren die Blätter von den Bäumen gefallen und lagen machtlos auf der Straße. Lars ging, träumte vor sich hin und überlegte:
´Mir fällt nichts ein, was dem anderen auch nicht einfällt. Tatsächlich ist es nicht das Ziel, etwas bestimmtes zu Erreichen, sondern in einem Prozess Teil zu nehmen, das irgendwann mal zu einem Ergebnis führt. Was aber dieses Ergebnis ist, ist in dem Moment völlig unbedeutend. Man ist ja schließlich nicht selbst der Herr des eigenen Schicksals, sondern sie ist immer von Oben bestimmt. Hier endet die Macht, die wir im Leben besitzen. Es ist nicht unsere Aufgabe, zu wissen, welchem Zweck dienen die Schritte, die wir vornehmen.´
So ging er und reflektierte.

Ein gelbes, schwaches Blatt fiel zum Boden.






Mittwoch, 12. November 2014

Rollenverteilung im Arbeitsalltag und in der Familie

    Anna und Mark stehen am Bahnsteig und warten auf ihr Zug. Sie waren mit den Kindern in der Stadt und haben dort eingekauft. Jetzt verspätet sich der Zug und alle vier frieren in der Kälte. Um das kalte Wetter zu vergessen, ließt Mark die Zeitung, Anna dagegen spricht mit den Kindern.
    Mark arbeitet in der leitenden Position bei einem amerikanischen Unternehmen. Er hat sich dort über die Jahre hochgearbeitet und schließlich hat ihm die Firma die Stelle des Managers der münchner Filiale angeboten. Anna arbeitet als Sekretärin in dem selben Unternehmen. In der Arbeit begegnen sie sich in den Mittagspausen und essen gewöhnlich zusammen. Das Essen für die beiden bestellt immer Mark und Anna sucht nach freien Plätzen in der Kantine.
    Für sich bestellt Mark etwas vom Vollkost, Anna bekommt immer auch Salad dazu. Sie räumen auch schließlich schließlich zusammen auf und bringen schmutziges Geschier zum Abstellfenster. Beim Essen unterhalten sie sich über den Kindergeburtstag. Sie überlegen sich die Geschenke. Für zweijähriges Kind würde Anna gerne ein Stoffteddy kaufen, weil es so weich ist und das Bedürfniss des Kindes nach Wärme deckt. Mark steht eher für ein Holzeisenbahn, weil er dann auch gerne mitspielen und Spaß mit dem Kind haben würde. Schließlich treffen sie Entscheidung beides zu kaufen.
    Zuhause verabschieden sie erst mal das Kindermädchen. Dann vorbereitet Anna das Abendessen, Mark sitzt noch an seinem Notebook und beantwortet die Korrespondenz. Die Kinder schauen ihm dabei zu und zeigen interessiert auf den Bildschirm. Das Essen ist fertig und Anna ruft alle ins Wohnzimmer. Kinder genießen Polentasternchen, die Eltern ihren Brot. Anna schaut immer auch besorgt dem Kleinen zu, und hilft ihm dabei kleine Sternchen aus den Tomatensoße auszufischen. Nach dem Essen räumt Mark auf und spüllt mit Hilfe der älteren Tochter.
     Unsere Rollen und die Aufgaben, die wir im Arbeitsalltag zu bewältigen haben, übertragen wir oft auf unser Familienleben. Je älter wir sind, desto weniger flexibel bewegen wir uns zwischen unterschiedlichen Rollen. Das, was wir einmal anlernen und wo wir uns ´gut am Platz´ fühlen, wenden wir gerne in unterschiedlichen Bereichen an. Durch jede Nächste Aufgabe, die im Bereich unseres Rollenbildes liegt, bestätigen wir unsere Stärken. Dies kann unser Leben sehr Positiv beeinflußen, andererseits, wenn die Rolle, die wir täglich mit Erfolg erfüllen, plötzlich verschwindet, fühlen wir uns wertlos.

Montag, 10. November 2014

Unser Weg

              Der Weg, den sie nahmen, führte über die Maisfelder. Der Mais wuchs hoch in diesem Herbst und duftete leicht süßlich in der Abendsonne. Aus der Weite, von der Nähe der Wohnsiedlungen hörten sie Kinder, die noch um die Uhrzeit draußen spielen durften, da die Schule noch nicht angefangen hatte. Die Pferde waren müde und, obwohl es Joschka schon eilig nach Hause war, liefen langsam, in ihrem eigenen Tempo. Solche Momente mochte er dann nicht mit Gesprächen verweilen und so schwiegen sie beide den ganzen Weg lang. Johann beschwerte sich ganz und gar nicht, da er endlich seine Beine hochziehen und auf dem Beifahrersitz etwa ruhe finden durfte. Schließlich werden sie bald zu Hause und dann wird es gelernt für die Schulprüfung im Winter. Und ab dem Nächsten Jahr geht er zur Schule und es wird kein Milch zum abliefern mehr geben. So träumte Johann, bis auf sie endlich nach Hause eintrafen.
Joschka, der Milchmann, hatte nur den einzigen Sohn. Seit vorletzten Sommer fehlte die Frau von Joschka und der Amt wollte kleinen Jo wegnehmen, da es sich nicht sicher war, ob der Junge es ansonsten mit der Schule schaffen wird. Joschka hat sich aber dermaßen bemüht, dass der Amt ihm schließlich Jo da gelassen hat, unter der Bedingung, dass der Junge die Prüfungen für die Schule erfolgreich besteht. Bis zu den Prüfungen jedoch blieb sein Sohn bei ihm und, da man ansonsten nicht wüsste, was man mit ihm machen sollte, half er Joschka täglich das Milch abzuliefern.
Als sie nach Hause kamen, musste man als erste die leeren Milchflaschen aus dem Wagen nehmen und in die Küche zum aufkochen rein stellen. Dort befand sich ein spezieller Platz für die Flaschen die Joschka täglich mitbrachte. Er stellte auch gleich drei große Töpfe mit Wasser auf dem Herd. Gleich wird das Wasser kochen und dann kann man dort die Flaschen rein stellen. Die werden so die ganze Nacht durch kochen, so dass sie frisch für den Morgen und für das neue Milch werden. Dann wird es gegessen und gelernt.

Zum Abendbrot setzten sie sich immer, als die Pferde und die Milchflaschen schon versorgt waren. Da half Jo immer indem er kleine, nicht allzu schwere Sachen in das Haus trug. Joschka versorgte die Pferde und Jo vorbereitete das Essen, so weit er das nur in seinem kindlichen alter tun konnte. Zum Essen gab es immer etwa Brot, Frischkäse, Marmelade, Schinken und frisches Milch von den Kühen. Joschka trank noch einen mächtigen Kaffee dazu – ohne Kaffee schlief er schon im stehen, ganz wie seine Pferde – den vorbereitete er aber selber, da der Herd kleinem Jo viel zu hoch war.
Als sie sich zum Tisch setzten, rezitierte Joschka erst mal ein kurzes Gebet. In diesen Momenten dachten die beiden an die Ma, die es damals immer tat, niemand gab es aber laut zu. Joschka bedankte sich bei dem Gott für alle seine Gaben, dass sie beide genug zum Essen hatten, und für das Haus, für das Bett zum ausruhen und sagte immer, Gott sei Großzügig zu den Menschen auf Erden. ´Wieso ist Ma nicht mehr mit uns, wenn Gott so großzügig ist?´ - dachte dann immer Jo, Das dachte er aber nur zu sich selbst, da er in seinem Alter schon wusste, man stellt solche Fragen den Erwachsenen nicht. Dann aßen sie friedlich und schweigsam, anschließend bat Joschka Jo, seine Schulhefte mit zu bringen.
Mal hat Joschka versucht einen Lehrer für Jo zu besorgen, alle aber, die in der Stadt wohnten, absagten nach und nach wegen des langen Weges und der einzige, der nicht abgesagt hatte, verlangte dermaßen hohen Preis, dass er sich das nicht leisten konnte. Und so unterrichtete er seinen Sohn selber, mit größerem oder kleinerem Erfolg, aber der Junge lernte jeden Abend außer Sonntag. Jo war viel mehr begabt in den mathematischen Aufgaben als im Lesen, und die machten ihm eindeutig mehr Spaß. Lesen und schreiben musste er aber, da die Schule großen Wert auf Sprache legte und die Kinder dort Dichten und rezitieren lernten. Um so mehr verlangte Joschka, dass Jo sich mit verschiedener kindlichen Literatur befasste und auch mit der für Jugendliche. Mit dieser Erziehung wuchs Jo in der Atmosphäre der großen Verantwortung, die auf ihm lag und, vergleichend mit seinen Gleichaltrigen, reifen Gedanken und Sentenzen aus den Bücher, die Joschka sein Leben lang ansammelte und seinem Sohn am Abend vorließ.

Täglich hatte Joschka vierzig Milchflaschen abzuliefern. Die Haushälte, die er zu versorgen hatte, gehörten oft zu den Mitarbeitern den Fabriken aus der Industriegegend. Da die Kunden von Joschka alle eher bescheiden lebten, bekam er immer, wenn an jenem Tag das Geld für das Milch fehlte, einen kleinen Stück Schinken oder Käse. Bei manchen verweilte er dann immer zu einer kleinen Mahlzeit. Dann erzählte immer die Frau des Hauses über die Messe und wie es dem Pastor und seiner Familie geht. Mal schenkte man etwa Kreuterschnaps ein und alle, außer Jo bekamen klein bisschen davon. Er dagegen saß da und hörte Erwachsenengespräche zu. Manchmal spielte er mit dem Hund und schaute ihm zu, als er anfing, nach seinem eigenen Schwanz zu suchen. Der Hund drehte sich immer dann im Kreis und versuchte, seinen Schwanz zu erwischen. In diesen kurzen Momenten durfte sich Jo wie ein Kind in seinem Alter benehmen und lachte dann immer. ´Lass den armen Hund in Ruhe. Komm, wir gehen jetzt´ - meinte gewöhnlich Joschka, dann verabschiedeten sich und gingen weiter zu den anderen Familien, die sie versorgten.
Es war nicht immer leicht, den Wagen mit den Pferden zwischen den Häuser zu fahren. Mal war der Weg zu schmal und die beiden mussten den Umweg nehmen. Mal war auch die Straße nach dem Regnen noch matschig und der Wagen blieb stehen. Dann musste Joschka aussteigen und schimpfend den Wagen aus der Matsch raus ziehen. Das reizte die Pferde die dann ungedultig stampften. Manchmal ging dafür die ganze Halbe Stunde verloren und der Tag verzögerte sich. Wenn sie dann endlich geschafft haben, zwischen den grauen Häuser durchzufahren, blieb gar keine Zeit übrig und sie freuten sich so bald, als alles erledigt war.

Außer dem Milch von den Kühen bekamen Joschka und sein Sohn noch täglich frische Eier. Die Hühner liefen überall durch den Garten und hatten ihren Aufgang in die Küche. Manchmal züchtete Joschka neue Hühner aus den Eier. Die legte er dann in ein warmes Nest und lass eine Ente da, so dass sie Ruhe hatte und sich um Nachwuchs kümmern konnte. Damals geschah es im Hühnerstahl, nachdem aber ein erwachsener Huhn einem Kucken die Augen auskratzte und die Feder ausrieß, beschloss Joschka die Hännen und ihre Neugeborenen in einen ruhigeren Ort zu verlegen. Das blinde Kücken bewohnte seitdem das Zimmer von Jo und lebte sich mit ihm zusammen.
Zum Neujahr schlachtete Joschka immer einen Huhn. Das tat er in der Schäune, hinter der verschlossenen Tür. Erst fing er den Huhn und hielt ihn am Boden. Dann schlachtete er sein Kopf ab. Der kopflose Huhn lief dann eine Weile hektisch über die Schäune und blutete herum, bis auf seine Beine nicht mehr arbeiteten, dann fiel er am Boden, zitterte noch ein wenig und starb. Jo wunderte sich immer, wieso der tote Huhn doch laufen kann, aber nachfragen tat er nie. Nur seinen Huhn hatte Joschka nie schlachten dürfen. Das verstand Joschka gut und bestand nie darauf, den blinden Huhn auf irgendeine Weise in der Wirtschaft zu nutzen.
Als die Ma noch lebte, zubereitete sie den Huhn auf nur ihr bekannte, geheimnisvolle Art. Dann saßen sie alle zu dritt bei dem Neujahrstisch und genossen den Huhn. Jetzt versuchte Joschka verzweifelt dieses wunderbare Gericht nachzumachen, was ihm nicht allzu gut gelang. Jo freute es aber schließlich, das diese Tradition andauerte und meckerte nicht, auch wenn der Huhn nicht ebenso gut schmeckte, wie der Ma´s.

Seit Ma fehlte blieb dem Joschka nicht allzu viel Zeit, die er mit anderen Männer verbringen dürfte. Schließlich war Jo jetzt das wichtigste und er brauchte viel Aufmerksamkeit. Da Joschka aber im Dorfleben nicht ganz fehlen wollte, ging er jeden Samstag zum Pokern ins Nachbarhaus. Jo nahm er immer mit. Er saß dann immer neben Joschka und schaute sich seine Karten an. Sie tauschten immer Blicke, als eine Karte zum Spielen vorkam. Joschka zeigte dann immer auf die Karte, die er spielen wollte und Jo beantwortete es mit einem leuchtenden Blick.
Die Männer aus dem Dorf freuten sich immer auf Jo´s Gesellschaft beim Spielen. Er bekam auch immer ein Glas Kuhmilch und paar frischgebackene Plätzchien. Die Männer tranken immer Malzbier. So eine Runde Poker konnte manchmal zu den späten Abendstunden andauern. Als die Männer schon genug vom Malzbier hatten, fingen sie an zu Singen. Diese Gesänge liebte Jo, obwohl er nur ganz leise da saß und zuhörte. Und schaute sich alten Matze an.
Alter Matze war derjenige, der immer die letzte Runde gewann. Man wusste, dass Matze die ganze Zeit zurückgezogen bleibt, um schließlich seine Geschicklichkeit zu beweisen und sich den Sieg zu holen. Matze blieb aber, trotz den vielen Gewinnen immer gelassen und freundlich, auf jeden Fall zu Jo.
- Na, wen haben wir denn hier? Ist unser kleine Kamerad wieder dabei? - fragte er, wenn immer er Jo sah.
Jo schaute dann immer hoch zu seinem mit Farbe von der heftigen Sonne bedeckten Gesicht und schrie:
- Ja, teurer Matze, mit dem Papa bin ich wieder dabei!
- Ich bekomme mein Gläschien, du bekommst deins.
Sagte Matze jowial. Und wenn Jo nicht mehr neben Joschka sitzen wollte, setzte er sich immer neben Matze.
- Du kommst mir jetzt Glück zu bringen, mein Freund.
Matze lächelte.
- Verderbe mir bloß hier nicht meinen Sohn.
Bat Joschka und alle lachten.
Als alle schon reichlich von diesem Abendgenuss hatten und sich langsam zur Ruhe begeben wollten, nahmen Joschka und Jo den Abschied. Joschka fühlte das viele Malzbier in seinem Kopf schwebend und ging Mit Jo noch zum Brunnen um etwa frischen Luft zu lauschen. Sie setzten sich dann auf der alten Brücke und verweilten so in der Stille der Nacht.
- Papa, was sind die Sterne?
- Die sind unsere Begleiter. Jeder von uns hat ein Stern im Himmel, der sich um ihn sorgt.
- Hat der Stern jemals gelebt, wenn er sich Sorgen machen kann?
- Alle Sterne waren mal Menschen am Erde, dann sind sie zu Sternen geworden.
- Ist Ma jetzt auch ein Stern?
- Bestimmt.
- War Ma früher im Brunnen, als sie lebte?
- Sie liebte den Brunnen, so wie sie Dich liebte.
- Liebte sie Dich auch?
- Das weißt niemand, mein kleiner.
Joschka Lauschte noch eine Weile und stand auf. Es blieb nichts mehr zu sagen.






Wie scheitert Familie-Kariere-Planung

Louisa, Danny und Charlotte kommen alle drei aus einer Intelligenter-Familie. Die Mutter arbeitet in der Schulbibliothek, der Vater ist ein Ingenieur. Zu hause war das schon so gepflegt, dass ein Mädchen möglichst viel erreichen sollte und gleichzeitig ein glückliches Familienleben haben sollte. Wie sich jedoch dieser Traum der Eltern verwirklicht hatte, ist ganz unterschiedlich in jenem Fall der drei Schwester.
Louisa (40) arbeitet als Dozentin an der Uni und führt ein eigens Verlag. Sie hat ihren Mann in der Studienzeit kennengelernt. Obwohl sie mit ihm ihre Zukunft von Anfang an geplant hatte, mit der Familie warteten die beiden, bis auf sie ihren Doktortitel erwirbt. Mittlerweile haben sie schon zwei Jungs. Louisa arbeitet im Vollzeit, dafür ist ihr Man auf Teilzeit beschäftigt und er kümmert sich meistens um die Kinder. Als Hauptverdienerin beschwert sich Louisa jedoch nicht um ihr Leben, obwohl sie zugibt, dass sie gerne mehr zeit in die Familie investieren würde.
Danny (45) ist eine Finanzfrau bei einem Finanzunternehmen. Sie und ihr Man hatten sich bei der Arbeit kennen-gelernt und waren zuerst Freunde. Für die Kinder haben sie sich spät entschieden, da die Karriere im Vordergrund stand. Heute zählt die Familie schon vier Köpfe. Die Eltern sind beide Mehrverdiener, deshalb können sie sich eine Nanny gönnen, ohne dass jede von ihnen auf die Kariere verzichten muss, bei ihren verantwortungsvollen Positionen können sie sich auch nicht erlauben einen längeren Urlaub zu nehmen und aus dem Arbeitsmarkt auszufallen. Unzufrieden sind sie nicht, jedoch bewusst dessen, dass sie nicht ausreichend Zeit mit Kindern verbringen können.
Charlotte (42) hat ihren Man auf dem Gymnasium kennengelernt. Das erste Kind kam schon im Studium und so hat Charlotte ihren Abschluss nicht gemacht. Danach kamen zwei Nächste Kinder. Als erste waren sie gut von den Großeltern versorgt, Charlotte´s Man hat auch den Chemiker-Abschluss gemacht und verdient mittlerweile genug um die Familie zu ernähren. Charlotte leidet nicht wegen der Mutter-Rolle, bereut öfters jedoch, dass es ihr mit dem Abschluss nicht allzu gut gelungen ist.
So weit von der Realität ist der Traum unseren Eltern entfernt, dass wir in der Familie und in der Kariere glücklich werden sollen. Für die doppelte Lebensführung fehlt die Unterstützung von der Seite der Institutionen und Behörden. Auf dem Arbeitsmarkt herrscht immer noch die Atmosphäre der Kontinuität und wir müssen immer in unserem Job dabei sein. Auch an den Unis und in den Büros sind die jungen Mutter unwillkommen. Dieses Modell bleibt ein Traum der wirtschaftlich starken Intelligenz und trifft auf seinem Wege so viele Hindernisse, dass es unwahrscheinlich ist, dass es sich jemals verwirklichen wird.


Montag, 27. Oktober 2014

Verzweifelt zwischen ´Ich´ und ´Ich`

In dem dualistischen Selbstkonzept erfährt man sich selbst über die Relation Subjekt – Objekt. Und obwohl die moderne Philosophie sich immer wieder von dieser Betrachtungsweise trennt, Dualistische Theorien herrschen noch immer in unseren Enzyklopädien. Diese Tatsache finde ich etwa beunruhigend, da, falls ich die Vorlesung zufällig verpasse, und später nachschlagen will, bekomme ich ganz veraltete Informationen. Wie wenig in dem Fall Wikipedia, basiert auf Britanica, behilflich ist, zeigen hier ein paar Beispiele:
Wikipedia schreibt:
Informationsquellen für das Wissen über sich selbst findet der Mensch:

  • in der Beobachtung des eigenen Verhaltens
  • in der Bewertung des eigenen Verhaltens
  • in Äußerungen von Mitmenschen
  • in der Deutung der Reaktionen von Mitmenschen
  • im Vergleich mit Mitmenschen
    Anbei wissen wir von den Fernöstlichen Lehren, wie z.B. die Joga-Philosophie, dass man ebenso gut über sich Selbst über Selbsterfahrung lernen kann, wie Meditation, das Schweigen, Joga. Darüber schreiben die Quellen nicht, obwohl sich diese Lehren mittlerweile an den Universitäten und in den Akademien etabliert hatten.
    Weiterhin, Schreibt Wikipedia über die Theorien der Konflikte zwischen Ich, Es und Über-Ich. Mittlerweile glaubt man auch nicht mehr, dass diese Persönlichkeit, die ständig von innerlichen Konflikten getrieben wird, einen einzig wahren Konzept des Ich darstellt. In der hinduistischen Welt zum Beispiel kommen auf das Ich unterschiedliche Komponente, die nur dann Sinn ergeben, wenn sie in der Harmonie mit einander Existieren. Dieses Ich ist ebenso kritisch wie ein dualistisches Ich, und dadurch ebenso gut ausgebildet.
    ´´Jede Selbstbildung entsteht durch soziales Rückspiegeln (Menschen spiegeln, meist unbewusst, in ihren Interaktionsangeboten implizit das Bild von uns wieder, das sie von uns haben) Das Rückspiegeln kann unser Selbst oder aber auch gefährden.´´ Wir sind, also, so Wikipedia, in unserer Selbstbildung von der Wahrnehmung und Handlung der andren Person abhängig. Dies scheint gewissermaßen ein sehr gefährlicher Gedanke zu sein, da er sehr leicht für Propagandazwecke benutzt werden kann, indem er jegliche selbstständige Position des Objektes negiert.
    Man könnte behaupten, das dualistisch-geprägte Gesellschaft hat seine Stärken, in dem es zum Beispiel stärker in die Richtung Karriere geprägt wird. Anderseits ist so eine Gesellschaft viel leichter zu überwachen, wovon sie sich auch mehr fürchtet. Vom anderen Sichtpunkt wiederum, wenn nicht das dualistische Ich, hätten wir keine Hipster, und das wäre schon etwa langweilig.

Freitag, 24. Oktober 2014

Elefant

Tante Maria sah auf dem Holzbock und schälte Kartoffel. Die Kartoffelschalen fielen in den Eimer, den sie vor sich, zwischen Ihren Beinen, gestellt hatte. Geschälte Kartoffel warf sie dann in den mit Wasser gefüllten Topf, der nur darauf wartete, auf dem Herd zum Kochen gestellt zu werden. So kochte sie und sang:
´O Elefant, o Elefant,
finden wir dein Brüderchen,
Finden wir es,
bevor es dunkel wird.
O Elefant, o Elefant´
So sang sie und man hörte sie weit hinter dem Küchenzelt, da wo sich die Männer zum Zigarren-rauchen trafen. Der eine oder der andere hielt mal einen Fläschchen dabei und teilte es mit dem Rest. Nur der Elefant war nicht dort, wo sie rauchten. Er fand sich immer stattdessen ein kleines Versteck, wie für sich gedacht, und lauschte Tante Maria´s Gesänge für sich selbst, ohne viel darüber nachzudenken.

Mal kam zu ihm das Kätzchen und murmelte verspielt. Elefant murmelte dann auch und so unterhielten sie sich eine Weile. In diesen Momenten stellte er sich vor, er wäre nicht mehr der Elefant, sondern hätte auch so ein weiches Fell und könnte auch so leise unter den Tischen und Bänken auf denen die Männer saßen, zwischen den abgestellten Bierflaschen, durchlaufen. So gern wäre er der kleinste und der stärkste und in den Momenten, in denen er sich mit dem Kätzchen so unterhielt, hatte er das Gefühl es wäre auch so.
Man wusste nicht mehr, wie alt Elefant war. Manchmal war es das Thema einer Wette zwischen den Männer, manche gaben ihm 20, manche 30 Jahre. Ansonsten wetteten immer die Männer, welches Huhn am stärksten ist, oder welche der Frauen heute am längsten zum singen bleibt. Und da Elefant es selber nicht so genau wusste, blieb das ein Geheimnis, das niemand kannte.
Elefant sah immer schon so aus, was auch für immer sein Vorteil sein sollte. Er änderte sich nicht, deswegen klagten auch die Zuschauer bei den Vorstellungen nicht, da jeder wusste, dieses Jahr wird man Elefant auch anschauen können. Elefant klagte auch nicht, aber klagen tat er ansonsten auch nie, wegen irgendwas, und schließlich saß er einfach da und wartete, bis auf seine Zeit auf der Arena verging.

Manchmal hatte man Fliegen in den Zelten, was besonders die Somnambule unerträglich fanden. Man ließ dann kleine, dunkle Tomaten liegen und dann verschwanden die Fliegen. Bald darauf verschwanden auch die Tomaten. Dann rief Tante Maria: ´Elefant, hast du denn unsere Tomaten gefressen?!´ und sang darauf ihre Lieder. Elefant saß dann in seinem Versteck und fragte das Kätzchen murmelnd, ob es das war, dass die Tomaten aufgefressen hatte. Irgendwie wusste er aber, dass es nicht so sein konnte, da das Kätzchen schließlich das Klügste war, was er kannte und hatte kleine Tomaten aus dem Zelt zum klauen nicht nötig.
Elefant dachte dann immer an die Mäuse. Die erschienen immer schließlich dann, wenn niemand es merkte und sie könnten die Tomaten wegfressen. Jeden Abend, nach der Vorstellung, als die Mitarbeiter-Zelte noch leer standen, da sich alle im Vorstellungszelt besauften, bastelte er an Mäuse-Fallen hinter seinem Schlafgemach. Am nächsten Tag, als alle Männer nach dem Abendrausch noch schliefen, verlegte er die Fallen in allen möglichen Orten, wo die Mäuse reinkommen könnten. Tag danach fand er zwar keine Mäuse drin, aber die Fallen musste man trotzdem reparieren und neu verlegen.

Nachts Schliefen Tante Maria und Onkel Phelippe in ihrem Bett, dass an dem Anderen Ende ihres Schlafzeltes gelegen war. Mal konnte Elefant lange nicht einschlafen und hörte etwas, was ihn mal an Weinen, mal nach Schnarchen erinnerte. Dann kam Tante Maria und sang ihm ein Lied und so schlief er ein.
Onkel Phelippe konnte mit einer Hand zwei enormer Schwere Blöcke anheben, deshalb nannten ihn alle ´Der Heber´. Sein Brustkorb war der breiteste deren aller Männer und sein Schädel glatt. Elefant schaute immer zu, als Onkel Phelippe seine Rasierklinge um ein Ledergürtel schärfte. Immer glitt die Klinge sanft über den Gürtel, bis auf sie so scharf war, dass Elefant sich nicht getraut hatte, näher an sie zu kommen. Sie lag auch immer bei den Sachen, die Onkel Phelippe bei seiner Toilette gebrauchte und blinzelte dort immer, als Elefant nicht einschlafen konnte.
Onkel Phelippe und Tante Maria waren immer da, seit dem Elefant sich erinnerte. Immer war auch der Circus da. Nur das Kätzchen kam jeden Jahr ein neues, noch klüger und stärker als das andere. Es hatte niemals angst vor den Männer, dachte Elefant, und das Kätzchen murmelte ihm entgegen.

Mal nahmen Onkel Phelippe und Tante Maria Elefant zum Dorf um den Stoff für die neue Kleider auszusuchen. Die Kleider nähte Tante Maria immer selbst, nach Maß, und Elefant freute sich immer darauf. Sogar die Socken und die Mützen strickte sie ihm selber und so lief er jeden Winter ganz neu angezogen. ´Na, freust du dich, mein Elefant?´ - fragte sie dann immer und obwohl Elefant nichts antwortete, blinzelten seine Augen von Freude.
Zu den Vorstellungen brauchte Elefant auch immer ´spezielle´ Kleidung. Man nahte ihm zu dieser Gelegenheit eine Tunika aus goldenen Seide, rötliche Hose und eine gelbe Mütze. Elefant gefiel diese Kombination und alle Frauen im Circus begeisterten sich für ihn, besonders, als ihm Tante Maria Rouge auf die Wangen gelegt hatte. ´Da ist unser Star!´ - schrien sie dann immer. Elefant sah nur schweigend da aber tief im inneren war er warm von dieser Aufmerksamkeit.
Im Dorf durfte Elefant sich auch alle mögliche Süßigkeiten aussuchen. Zum Süßigkeiten-Laden gingen die drei zum Schluss, als die Stoffe und Lebensmittel eingekauft waren. Elefant durfte sich dann ganze Menge Zeit nehmen und auswählen, was immer er wollte. Meistens liebte er weiß-goldene Honigbonbons. Mal nahm er drei von ihnen auf ein Mal in den Mund und leckte so lange, bis auf die milchige Mitte auf seine Zunge floss. Die schmeckte er eine Weile, schluckte und füllte ein warmes Gefühl in seinem Bäuchlein.

Damals, als Onkel Phelippe noch wilde, schwarze Locken auf dem Kopf trug, wurde Elefant bei der Vorstellung von einem Pferd auf die Arena getragen. Einmal aber passte ein von den Männer nicht auf und ist hinter dem Pferd zu nah gegangen. Der Pferd hüpfte plötzlich und Elefant fiel um. Nachdem musste er zwei Wochen lang auf seinem Schlafgemach liegen bleiben, und Tante Maria tat es dermaßen Leid, dass sie ihn seitdem nie wieder auf einem Pferd sitzen ließ. Danach schreckte sich Elefant trotzdem nicht von Pferden, er wüsste schließlich, dass die Pferde ebenso wie er schwach gegenüber den Männer waren und auch Angst fühlten, also ging er nach wie vor jeden Abend zum Pferdestahl.
Pferde nannte er in seinen Gedanken ´Prinzen´. Den ´Prinzen´ brach immer jemand etwas zum essen, worauf sie immer auf ihre Art und Weise mit dem Schwanz wackelten. Circus besaß zehn Pferde, wovon eine Hälfte ganz schwarz, die andere ganz weiß war. Nur der ´Sieger´ hatte einen weißen Pfeil auf seinem schwarzen Stirn. Immer, wenn die Pferde auf die Arena einmarschierten, ging der ´Sieger´ als erste, wenn also der weiße Pfeil in dem dunklen Eingang erschien, wusste man, die Pferde treten ein. ´Sieger´ hatte auch den ersten Platz in dem Pferdestahl. Man schaute bei ihm als erstem, ob er immer frisches Wasser hatte und man kämmte ihn häufig. Wann immer auch Elefant traurig war, ging er zum ´Sieger´. Er fürchtete sich nicht, dem Publikum als erster in die Augen zu schauen, dachte Elefant. Und ´Sieger´ schaute ihn tröstend entgegen an.

An diesem Abend waren alle Pferde ruhig. Ab und an hörte Elefant eine Fliege und das Wasser tropfte am anderen Ende des Stahls. Hinter dem Pferde-Zelt waren Gesänge der Männer und Frauen zu hören. Musik spielte. Plötzlich, ganz nah an dem Zelt, hörte er das Brummen eines vorbeifahrendes Wagens, was auch nicht ganz gewöhnlich war, weil man um die Uhrzeit keine Zuschauer mehr erwartete und der Circus lag auf keinem gut befahrenen Weg. Da Elefant aber schon mehrmals festgestellt hatte, dass alle möglichen dinge können Mal passieren, lauschte er weiter die Stille des Pferdestahls. Plötzlich hörte der Wagen zu brummen auf. Elefant hörte knacken der sich öffneten Türen, das zweite Knacken, das dritte, und der Wagen fuhr Weg. Eine Weile herrschte stille, und dann hörte er:
´Hilfe, Hilfe! Hört mich jemand?`
Elefant saß unbewegt. Schreiender Hilferuf in der Dunkelheit war etwas, worauf er in ganzem seinem Leben nicht gestoßen war, deswegen saß er da und wüsste erst mal nicht ganz genau, was in solchen Fällen zu tun ist.
´Hilfe, Hilfe!´
-kam wieder vom hinten. ´Was würde ein Kätzchen tun?´ Fragte sich Elefant, da er sich das immer fragte, wenn er nicht wusste, was er machen sollte. Letztlich war das Kätzchen das klügste und das mutigste, was er kannte.
´Bitte, helfen Sie mir!´
Im Elefant mischten sich die Gefühle der Verunsicherung und Verzweiflung. Und, trotzdem, wie sehr er sich jetzt vor dieser Dunkelheit fürchtete, dachte er an die Worte der Tante Maria, dass man immer behilflich sein sollte, wenn die Andere das brauchen, und beschloß dem Hilferuf zu folgen.
Auf dem Gras, hinter dem Pferdezelt lag eine Gestalt deren Hände und Füße zusammen gebunden waren. Auf den ersten Blick sah sie aus, wie einer der Männer, nur hatte sie einen schwarzen Anzug an, was keiner von dennen jemals tragen wurde, und das beruhigte Elefant.
´Bitte, entbinden Sie mich.` - fragte die Gestalt. Ihre Höflichkeit und die Tatsache, dass sie sich in dieser elenden Lage befand, ermunterten Elefant. Schließlich war er nicht gewöhnt, dass jemand ihn um irgendwas betete und schwächer als er war. Er kam näher.
Elefant erkannte in der Gestalt einen jungen Man, der sich so von ihm bekannten Männer deutlich unterscheidet hatte. Auf dem weißen Hemd merkte er einen rötlichen Fleck. Sein Gesicht war geschwollen und hatte blaue Flecken rund um die Augen.
´Bitte!´ - fragte nochmal der Man. Elefant schaute ihn schweigend an, zögerte aber nicht länger und fing rasch an die Gefessel zu lösen. Der Man schreckte erst mal die befreiten Hände und Füße auf, atmete mit Erleichterung und setzte sich hin auf dem Gras.
´Sie dachten, ich wäre tot.´ - klärte er. ´Aber mich, mich kann man nicht so leicht umbringen. Oh, ich kenne diese Schweine. Sie nehmen Dir alles weg, was Du noch hast und dann wollen sie Dir noch das Leben nehmen. Das ist ihre Art zu handeln.´
Elefant wusste nicht, um welche ´Sie´ es sich handelt, und überhaupt nicht, wieso bringen sich die Menschen gegenseitig um, schaute aber den Man neugierig an.
´Jetzt hab´ich gar nichts, aber mein Leben hab´ ich noch. Und Sie sind?´
Elefant war nicht gewöhnt, dass man ihn irgendwas fragte, und überhaupt nicht, wer er sei, es dauerte also eine Weile, bis auf er verzweifelt leise antwortete:
´Ich bin Elefant.´
´Das ist ja ein komischer Name`
´Ich bin auch komisch´
´Bist Du?´
´Da, auf der Arena. Ich nehme kleine Münzen. Was Du hast, gibst du, Elefant tanzt auf einem Bein, la la la.`
´Ich habe keine Münzen. Und sehe jetzt auch komisch aus.´ - sagte der Man.
Elefant schaute ihn an. ´Man nennt mich Billy on the Road´ - sagte er und lächelte schwach. Und in dem Moment, wo er so schwach lächelte, und überhaupt so schwach war, fühlte sich Elefant einig mit Billy. So selten fühlte er sich mit irgendjemandem einig. Und, obwohl es niemand mehr was sagte, dachte er an tausende Dinge, die er über Billy erfahren könnte. So saßen sie beide eine Weile, beide ohne Angst, wie zwei Brüder, die sich seit Jahren wieder begegnen. Niemand war stärker, oder schwächer, sie waren anders und einander ähnlich.
Dann stand Billy auf und reichte Elefant seine Hand. Elefant schob seine in die vom Billy rein. Es fing an zu regnen. Sie gingen, und der Weg war breit.


Sonntag, 19. Oktober 2014

Langzeitarbeitslosigkeit mit Psychopille zu heilen - der Wahnsinn des heutigen Tages

       Wie Jörg Blech im ´´Spiegel´´ (Nr. 41/6.10.2014) berichtet, werden öfters Langzeitarbeitslose als psychisch gestört eingestuft. Denen werden vom Artzt Psychopharmaka vorgeschrieben, was im Endeffekt ihre Probleme vertieft, statt sie zu heilen.
         ´Im Vergleich zu Erwerbstätigen haben Arbeitslose eine zweimal höhere Wahrscheinlichkeit, als klinisch depressiv eingestuft zu werden´, so Blech. Es ist noch immer einfacher für die Beamten und Ärtzte nach einem Grund zu suchen, das wissenschaftliche Grundlagen hat, statt sich mit der Sozialen Lage einen Arbeitslosen auseinander zu setzen. In wie Fern solche Einstellung zu dem Wissen über die Grundlagen der Arbeitslosigkeit beiträgt, weißt niemand, und niemand will es tatsächlich herausfinden, schließlich ist es viel unkomplizierter, jemand als seelisch krank einzustufen, weil wir dagegen ein Mittel haben, das angeblich wirkt – die Psychopharmaka.
           ´Egal, ob Depression, Angststörung oder körperliche Beschwerden ohne organisch fassbaren Befund – den Akten zufolge hatten 87 Prozent der Arbeitslosen mindestens eine psychiatrische Diagnose´. Man ist nicht arbeitslos, weil es Probleme gibt, sondern bloß krank. Wobei der wirkliche Zusammenhang zwischen den beiden Tatsachen verschwiegen wird und bleibt unbemerkt.
       ´In Wahrheit waren die allermeisten der Arbeitslosen gesund genug, um wieder arbeiten zu können´ - hier steckt die wesentliche Frage: ab wann können die Behörden feststellen, dass jemand arbeitsunfähig ist? Bedeutet tatsächlich eine Angststörung, dass man mit einem beruflich ´nichts anfangen kann´? Wenn wir alle Bürokräfte oder Krankenschwestern psychiatrisch untersucht hätten, würden wir bestimmt irgendwelche Berufsbedingte Krankheit feststellen, sollen sie aber deswegen für immer schon zuhause Bleiben, wo sich die Probleme nur weiterbilden werden?
   Weiterhin berichtet Blech, dass die Prozedur, die von den Medizinischen Mitarbeiter der Krankenversicherung sowie Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit haben die Arbeitslosen mit Teilweise widersprüchlichen Expertisen ins Wahnsinn getrieben. So ein Langzeitarbeitslose, ohne Aussichten auf einen Job (was ihm eigentlich am meisten helfen würde), muss jetzt auch mit der Überzeugung leben, dass er noch dazu krank ist und eigentlich weißt man nicht so genau, was man mit ihm machen sollte, damit er sich im Endeffekt noch machtloser fühlt.


              In dem ganzen Wahnsinn stellt sich nur die Frage: Wann werden wir endlich humanitär genug, um in diesem Problem den Menschen zu erkennen und die Behörden das verstehen werden, dass letztlich sind sie dazu da, den Menschen zu unterstützen, weil sie auch dank dem Menschen leben? Es ist immer einfacher jemanden einzustufen, als ihn zu verstehen. Wie sich das in der Wirtschaft widerspiegelt, ist eine andere Frage. Schade nur, dass es wie immer am Dialog fehlt.

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Ein Tag nach dem Leben

Immer, wenn der Zug vorbeifuhr, schüttelte es das Wasser in seinem Teeglas. Halb so schlimm, wenn der Glas auf dem Tisch abgestellt war. Manchmal müsste man aber aufpassen, dass man es nicht auf irgendwelchen, überall-liegenden, Schriften stellte. Und obwohl die allen Papiere längst nicht mehr so bedeutend waren, passte Ludwig sorgfältig auf, dass nichts darauf stand.
Als er hier eingezogen war, eben schon bei der Besichtigung, das meiste, worüber er dachte, dass es schwer wird sich daran zu gewöhnen, war die Größe der Wohnung. Er war Frisch aus der Zeit herausgerissen, in der ihm ganze drei Zimmern zu Verfügung standen, und diese neue, mickrige Appartament bedeutete jetzt den Anfang einer neuen, die er mit seinem vor-sich-hin-träumen befüllen wird.
Aus der alten Wohnung nahm er nicht allzu viel mit. Schließlich war es ihm wichtig, jetzt den Platz zu sparen, abgesehen davon, dass er plötzlich merkte, wie wenig Gebrauch er für die alle Gegenstände haben wird. Er behielt also ein Bett, Tisch, zwei Stühle und ein Regal und als den einzigen Luxus-Element das Yamaha-Piano.
Und so stapelten sich überall Notizen, Schrifte, Bücher und Arbeiten seinen früheren Studenten. Sie lagen oben auf dem Regal, auf dem Tisch und teilweise sogar auf dem Boden. Ludwig wüsste nicht wirklich, wieso er das alles noch behielt, vielleicht war der Zwang sich mit seinem früheren Leben zu beschäftigen stärker, als das lang andauernde Gefühl der Trauer, das die Gegenwart befüllte.

Manchmal erinnerte ihn der jetzige Stand der Dinge an einem Traum, als ob er kein Unterschied zwischen einer und anderen Minute spüren wurde. In diesem Traum ´spazierte´ er manchmal über das Zimmer und überlegte. Manchmal schaute er aus dem Fenster auf die Dächer der Stadt, in der Hoffnung, sie erscheinen ihm diesmal anders als sonst. Die blieben dagegen unberührt und unbeweglich, gleich arm und nichtssagend.
Manchmal spielte er eine Etude. Chopin liebte er immer, da er alle Persönlichkeiten interessant fand, die schwach und machtlos, und trotzdem zu großer Schöpfung fähig waren. Das Spielen, Notenlesen und der Klang der Musik bedeuteten für ihn den Rückkehr zu der alten, ihm gut bekannten Struktur und erfüllten ihn mit dem Gefühl der Ruhe, und so tröstete er sich selbst immer.
Die Toilette erledigte er in der Früh, beziehungsweise, als er aufstand. Seit er nicht täglich zu der Universität ging und auch Nichts mehr publizierte, gab es zwar keine Struktur mehr, an die man sich halten könnte, und manchmal blieb er bis zu späten Mittagsstunden im Bett.

Ludwig besetzte schon immer kein Telephon und, wenn man dringend wollte, konnte man ihn nur über die e-mail erreichen. Schon immer war es ihm unangenehm, gleich, wenn jemand das wollte, durch das Klingeln des Telephones aufgerufen zu werden. Das schreiben erlaubte ihm dagegen sich zu überlegen, was er im Moment dachte. Als er noch Freunde hatte, schrieb er denen immer zum Schluß irgendwas aufwärmendes, wie ´Mein Schätzchien´, oder ´Lieber´.
Aber Freunde gab es nicht mehr. Es gab niemand mehr, mit dem er seine Existenz bestätigen konnte. Lange hat es gedauert, diese Tatsache zu akzeptieren, schließlich aber hörte es auf ihn dermaßen zu stören und so fand er bestimmte Vorteile darin, was ihn auch beruhigte.

Ludwig ordnete gerne immer wieder erneut die alten Photographien. Die Menschen, die sich auf denen befanden, tasteten ihn nicht mehr an, sondern waren jetzt nur mit einem kleinen Augenblick aus der Vergangenheit verbunden. Als ob er sie jetzt hinten einem Spiegelwand anschauen wurde, wo es auf seinem Platz Stille herrschte, wie in einem leisen Zimmer ohne jegliches, starkes Licht. In den Momenten reflektierte er, spürte aber kein inneres Schmerz dabei, und anschließend packte alles wieder zusammen in das kleine Schuhkarton und legte wieder ab.
Meistens liebte er die Bilder seinen Studenten anzuschauen. Wie er sich noch erinnerte, nahm man sie immer ein Mal im Jahr auf, bei einem Professionellen Photographen. Der Photograph berechnete auch immer nicht allzu viel, da er gleich die ganze Gruppe zu aufnehmen hatte und deshalb Angebote machte. Ludwig begleitete immer seine Studenten zum Photographen und unterhielt sich gerne bezüglich allen technischen Einzelheiten. Er wusste, dass man bei solchen Aufnahmen ein spezielles Licht anbaute und sogar speziell die Gesichter der Studenten pudern musste. Wie bewunderte er immer die Effekte diesen Bemühungen. Dieses Technisches wissen und Handwerkliches können, machte für ihn immer das essenzielle diesen Bilder aus, auf denen seine Studenten wie Filmstars strahlten. So weit entfernt waren sie von seinen abstrakten Überlegungen über die Materie der Dinge, das Effekt freute ihn jedoch immer.
Jetzt gab es aber keine Studenten mehr, zumindest nicht in seiner Gegenwart. Sein Publikum, dass immer treu zuhörte, war nicht mehr da. Er fühlte sich nicht ganz ohne dieses Auditorium, mit der Zeit aber waren seine Gedanken schon zu weit, um jegliches Trauer zu spüren. Wie in einem Zug, in dem er sich ebenso gut woanders setzten könnte, aber der Platz, den er gewählt hatte doch besser war.

Er wüsste nicht mehr ganz genau, seit wann es ihm wichtig war die Gläser zu polieren. Er hatte zwar keinen bestimmten Zeitpunkt dafür, machte es aber immer ein Mal in der Woche. Und obwohl niemand kam, dem man in so einem Glas etwas einschenken könnte, pflegte er diese Angewohnheit. So standen sie immer und blinzelten tief versteckt in dem Küchenschrank.
Alle die Gläser, die Ludwig besaß, kaufte er mal zum Jahresjubiläum der Mauerfall. Es ist schwierig zu sagen, wem das Jubiläum wichtiger war, ihm, oder Marenike, auf jeden Fall besaß er seit dem Tag ein Komplett der Gläser, zu 50 Euro jeder.
Polieren tat er immer nach der gleichen Prozedur: er nahm ein Tablett und stellte es auf dem Tisch. Anbei versicherte er sich immer, dass das Tablett sicher stand und nicht zufällig verrutschte, obwohl er tief im Hinterkopf wusste, dass es unmöglich wäre. Dann stellte er die Gläser auf dem Tablett und holte ein Eimer Wasser. Er messte anbei auch immer die Temperatur des Wassers, da zu heißes Wasser angeblich die Gläser beschädigen könnte.
Dies tat er gern, obwohl es ihm bewusst war, dass das das einzige war, was Marenike nach sich hinterlassen hat, als sie ging. Marenike sagte immer ´Wir wären glücklicher, wenn du nun mehr Interesse an die Welt zeigen würdest´. Das verstand er nie, besonders in den Momenten, als sie, wie gewöhnt, diesen Satz beim Frühstücken ausgesprochen hatte. Inwiefern sollte sein Interesse irgendeine Welt ändern, war eine Unbekannte. Immer traf er sie dann auch in der Kantine zu Mittag und suchte verzweifelt nach einem Thema, schließlich sprachen sie über Marenikes Tagesplan.
Die Gläser trocknete er immer mit einem der beiden Tücher, die er dafür vorbereitete. Dann trocknete er auch das nasse Tablett und verließ die Küche.

Seit er ohne den Dritten in seinem Leben, aber auch ohne sich einsam zu fühlen lebte, spielte es für ihn nicht allzu große Rolle, ob er gepflegt, oder ungepflegt vorkam. Sich selbst betrachtete er im Spiegel ganz trocken, ohne jegliches Gefühl bezüglich seinem Aussehen. Nur die Zähne waren wichtig. Es konnte ihn zum Wahnsinn treiben, wenn sein Mund nicht frisch war. Er musste dann an alle alte Menschen in der Tram denken, die neben ihn standen oder saßen. Wenn sein Mund also nur ein wenig roch, kam er gleich auf Gedanken, sich mit seinem Alter auseinander zu setzen und das brachte ihm Kummer.
Er nutzte immer die Zahncreme, Zahnseide und noch ein ätherisches Öl, dass, besonders, als er Pfeife zu rauchen angefangen hatte, in der Reinigung der Zwischenräumen half. Er opferte dafür immer Halbe Stunde Zeit und ging sehr detailliert vor. Er kümmerte sich, dass die Seide immer frisch war und gleitete zwischen den Zähnen, bis die kleinste Chance, dass sich dort noch irgendwas befand, nicht mehr bestand. Er passte auf, dass das Öl nicht auf das Zahnfleisch geriet, da es immer ein unangenehmes Gefühl bringen könnte.
Diese detaillierte Zahnpflege tat er immer, auch in der Zeit, in der er nicht mehr seine Arbeiten von denen seiner Studenten unterscheiden konnte. Anbei waren nur Wörter, Hypothesen und Behauptungen anwesend und sie bildeten Struktur, die er vor den Augen hatte. Auch während des Prozesses tat er sie als das wichtigste unter allen wichtigen Dingen.
In der Zeit, in der Ludwig selber ein Student war, gab es kein Eigentum. Ein studentisches Beweis war ein Gemeingut und man freute sich, dass es ihn gab. Das Wissen war flüssig und gehörte jedem. Dennoch war das nicht mehr ´Ludwigs´ Zeit. Daran dachte er aber überhaupt nicht. Für ihn gab es eher keine Ära, keine Geschichte, sondern nur Struktur.
Ludwig dachte nicht mehr viel nach und spülte den Mund.

Er lag aufrecht und lauschte. Die Uhr arbeitete leise mit ihrem Tik-Tak. Im Augenwinkel sah er das schwache Licht der Straße und ab und zu hörte er den Zug vorbeifahrend. In der Dunkelheit, die ihn langsam sanft umhüllte, befand er sich in dem zustand des Halb-wach-seins, und diesen Zustand wollte er behalten. Auf irgendeine Weise wollte er noch nicht weiter gehen, spürte jedoch, hier endet sich seine Macht.
Er hörte die Uhr im Hintergrund, befand sich jedoch weit von diesem dunklem Zimmer, obwohl dessen Existenz ihm ganz bewusst war. Jetzt saß er im Boot. Das Boot war nicht groß und überall lagen Fischernetze rum. Überall roch es auch nach Fisch. Das dunkelgrüne Wasser plantschte um den Becken, das Meer war ruhig. Ludwig spürte den leichten Wind und die aufwärmende Sonne auf seinem Gesicht. Bevor er nach den Padeln zu suchen angefangen hatte, merkte er dass das Boot bewegt sich von selbst. Ruhig saß er also da und schaute Richtung Boden.
Auf dem Boot-Rand setzte sich eine weiße Möwe hin. Das strahlende Weiß, noch heller in der Sonne, kam Ludwig fast unnatürlich vor. So hell, dass man nicht lange hinschauen konnte, ohne die Augen zu bedecken. Die Möwe machte einen kleinen `Spaziergang´ am Rand des Bootes, schaute Ludwig interessiert an und flog wieder.
Das Boot näherte sich langsam dem Boden. Anfangs erkannte Ludwig ein dünnes Streifen, jetzt war die Linie komplex, wie eine Zeichnung, wo er den Strand erkannte. Das Wasser war nicht mehr Dunkel und man konnte den Boden sehen. Kleine Fische sammelten sich um den Boot herum und spielten miteinander wie junge Katzen, die erst zu sehen anfangen.
Ludwig spürte, wie die Sonnenstrahlen ihn durchstreifen und sein Inneres mit Wärme füllen. Er stieg aus dem Boot. Das warme Sand unter seinen Füßen brannte nicht, sondern gab ein angenehmes Gefühl. Ludwig sah ein Stein und setzte sich.
Lange geschah Nichts. Er saß auf dem Stein, mitten des Strandes, es war ihm warm von der Sonne und er lauschte die Stille. Vor ihm war Meer und alles war ruhig. Plötzlich fühlte er eine leichte Bewegung, als ob ein müdes Geist kommen würde, sich neben ihm auszuruhen. Ludwig sah sich um. Unten, am Strand, saß die Möwe.
Die Möwe schaute Ludwig eine Weile an, als ob sie sich etwas überlegen wurde. Dann sagte sie:
´Kein Fisch ist dumm, wenn er nach dem Brunnen sucht`.

Ludwig weinte und seine Tränen flossen unendlich.



Donnerstag, 9. Oktober 2014

Was bringt uns das nicht-konforme Verhalten?

   Als die Berliner Mauer fiel, wusste Georg Dreimann immer noch nicht, wem er das zu verdanken hatte, dass es ihm nie verboten wurde, zu schreiben.
Als er die Wahrheit über den Spiegel-Artikel versteckte, riskierte HGW XX/7 seine eigene Kariere, um die des Dreiman zu beschützen. Anfangs ein vielversprechender Staatsbeamte, endete er schließlich als einfacher Postbote. Ob er aber nicht derjenige war, der glücklich war?
.
Nicht-konformes Verhalten beginnt im Moment, in dem wir gegen eine Norm der Gruppe etwas unternehmen. Diesem, wie jedem Verhalten, liegen immer bestimmte Werte zugrunde. Um das Verhalten zu ändern, müssen sich erst mal diese Werte ändern, was schließlich zu einem Verhalten führt. Halbwegs dramatisch ist es, wenn wir von Anfang an den Werten der Mehrheit nicht zugestimmt hatten und endlich entschieden haben, zu handeln. In dem Fall jedoch, in dem wir aufgrund einer Erfahrung oder Reflexion, die Werte ändern, denen wir selbst auch zugestimmt haben, ist diese Veränderung jedoch ziemlich spektakulär. In beiden Fällen entscheiden wir zu handeln, der Impuls ist also schon stark genug, um in uns bestimmte Reaktion herab-zurufen.
In dem Moment, als wir nicht-konform handeln, entscheidet sich der Wahl, zwischen dem, was wir selbst denken und dem Einfluss der Gruppe. Wobei es uns nicht wichtig ist, was für die Konsequenzen unser Wahl haben wird. In dem Moment, in dem wir so entscheiden, entsteht in uns Klarheit und Überzeugt-sein von der Richtigkeit unserer Entscheidung.
Obwohl wir uns bewusst der Konsequenzen sind, spielen sie keine große Rolle. Besonders in Fällen, in denen wir gegen ein System entscheiden, ist es uns nicht wichtig, dass unser Tat unsere Kariere verhindern kann, dass wir aus einer, uns wichtigen, Gruppe ausgeschloßen werden können, dass wir manchmal sogar unser Leben riskieren.
Dieses Handeln erfüllt uns mit einem Gefühl der Selbstbestimmtheit und dadurch auch Glück und das nehmen wir als Belohnung. Wir gewinnen keine materielle Güter, unser Leben aber die neuen, morale Werte. In dem Moment also erscheint ein neuer, metaphysischer Sinn des Lebens.

Montag, 6. Oktober 2014

Der Vergessene

         15, 16, 17 – zählte er laut – 18, 19, 20. Diese sechs zahlen ließen ihn wissen, dass es schon sechs Tage vergangen sind, seit er das letzte mal alle gesammelten ausgaben der Tageszeitung weggeworfen hatte. Heute war es also Samstag. Ein Tag bis zum Sonntag. Morgen wird er sie alle zusammen bringen und für wegschmeißen vorbereiten. Dieses kleine Ritual bedeutete immer den letzten Tag der Woche, den Tag, an dem alles zu ende ging und an dem er wüsste morgen fängt alles neu an. Und dieser Tag hat gerade eben sein Kommen angekündigt.

Der Vergessene kümmerte sich ansonsten nicht um das Vergehen der Zeit. Seit Jahren schon fand er es sinnlos die Termine aufzuschreiben, seinen letzten Kalender hatte er in die Schublade mit der Bezeichnung ´Unwichtiges´ hineingesteckt, als er merkte, seit Anfang des Jahres hat sich eher nichts geändert. Schließlich ist er auch zum Schluß gekommen, sein leben ist ja eh so eintönig und ereignisslos geworden, dass es wirklich im ganzen kein Sinn ergab, das Zeugniß davon noch auf dem Papier zu haben. Die Stille seines Lebens würde zwar ab und an von jeglichen Terminen unterbrochen, an die errinerte ihn aber immer am Telefon die Stimme einer Person der Staatlichen Einrichtung, die sich darum kümmerte, dass es ihm einigermaßen gut ging, dass er mit allem nötigen versorgt war und diese seltenen Termine wahrnahm .

Die Telefonate nahm er immer zuverlässig und sorgfältig an. Es könnte ja schließlich etwas amtliches gewesen sein, als etwa dass er zu einem verhör gerufen würde oder das jemand geheiratet hätte oder gestorben wäre ( wer das sein sollte, kam ihm nicht in den Sinn, aber wer weiß, alles kann mal passieren). Oder Mary würde sich verspäten, da es ihr länger beim einkaufen ergangen sei, oder Hilde wäre krank.

Die Wohnung, in der der vergessen Lebte verfügte über ein Schlafzimmer, in dem er jeden Abend um 23.30 schlafen ging, als die Geräusche der Stadt Ohne Fluss, die ihn tagsüber wach hielten, langsam zu ruhe kamen , von einem Wohnzimmer und einer Küche, die Mary immer tüchtig am ende ihres Besuches aufgeräumt hatte. Dies tat sie immer als ihr tägliches Besuch zu Ende ging, obwohl der Vergessene schon längst keine echte Logik darin sah. Dieser Pflicht von ihr blieb für den Vergessenen vom Anfang bis zum Ende ganz unverstanden.
Mary ärgerte es immer als er sie Fräulein Mary nannte. - Diese Bezeichnung wäre angemessen für ein Dienstmädchen, nicht für eine Krankenschwester mit staatlichen Kompetenzen und noch dazu mittleres Alters, Mr T. - pflegte sie zu sagen. Allerdings nahm Ihre stimme eine etwa zornige Färbung an, als ob jemand etwas sagen würde, weswegen sie ihm nicht wirklich böse sein konnte, etwa als sie mit ihm zum Spaß nur streiten würde. Der Vergessene antwortete dann nun mit einem blasen Lächeln seiner eigener Art und sagte nichts mehr dazu.
Irgendwann ging sie dann wieder und lass ihn allein.

In dem zentralen Punkt des Wohnzimmers der Wohnung, die der vergessene bewohnte, befand sich das Telefon. Außer der Mikrowelle, war das der einzige Gerät, den er besitzte, der mit Strom versorgt würde. Diese Tatsache freute ihn jedes mal, wenn er daran dachte, weil er immer behauptete, Strom wäre viel teurer geworden und, abgesehen davon, ist es viel vernünftiger mit Gas den Haushalt zu versorgen. Und, obwohl man zu den Zeiten des Vergessenen schon längst andere Energiequellen gefunden hat, waren diese ihm dermaßen fremd und unantastbar, dass er sich konsequent weigerte, die ins Betracht zu nehmen. Ihm halfen auch gar nicht die Geschichten über der wunderbaren Solarenergie, die ihm bei der Jahresablesung der Junger Man erzählte, der früher Arbeitslos war und jetzt bei der Arbeit die Machenschaften des Amtes für Energieversorgung offen kritisierte, da er ´im tiefsten Herzen´ immer noch ´kontra´ war.
Wie alles in seiner bescheidenen Wohnung, war das Telefon altmodisch und kannte schon ´bessere´ Zeiten. Trotzdem, wenn er nur sagen konnte, das er etwas in dieser Wohnung liebte, war das das Telefon. Stunden lang starrte er es manchmal an, seine kreisförmige Tastatur, die man durch drehen betätigte, den rundlichen Hörer, der mit einem Kabelschnur mit dem Rest des Apparates verbunden war.
Ihm gefiel die zeit, in der er wartete, bis auf jemand anrief, in der er manchmal den Hörer am Ohr hielt, um sich die stumme Leitung anzuhören. Und obwohl es manchmal den ganzen Tag nichts geschah, verweilte er so den ganzen Nachmittag in der Stille, die er mit niemandem teilte.
Nicht mal mit Hilde.
Der Vergessene und Hilde trafen sich das erste Mal an der Jährlichem Treffen der Betreuten der Staatlichen Einrichtungen. Hilde nahm ein Gläßchen zu viel zu sich und erzählte ganz aufgeregt, dass die Jugend heutzutage ganz unverschämt ist und dass sich die Behörden schon längs kümmern sollten, das sie mehr Zeit bei sinnvollen Nachmittagsbeschäftigungen verbringen sollte, nicht nur sich ´in den frechen Gruppen durch die Stadt zu schleichen´.
Und obwohl sowohl die Behörden, als auch die Jugend dem Vergessenen ganz gleichgültig waren, hat er sich bald mit dieser Kameradin, deren Wangen die Narben nach der noch in ihren Mädchen-Jahren erlebten Akne bedeckten, ganz gut zurechtgefunden.
Es störten ihn nicht ihre manchmal stunden dauernde Monologe und Vorträge über die guten Sitten und mangeln der Leistungen von den Staatlichen Einrichtungen, die ab und an in einem Tropfen Alkohols, und zwar nicht dem der besten Sorte, gedünstet waren. Wöchentliche Treffen mit Hilde, die ein, ebenso wie er sein, bescheidenes Appartament drei Straßen weiter bewohnte waren bald zu Angewohnheit geworden und einem Priorität an jedem Mittwochabend.

Wenn der Vergessene noch jünger wäre, wäre sein erste Gedanke an jenem Morgen, den Hund zu futtern und mit ihm Spazieren zu gehen. Damals, als der Hund noch lebte, kaufte der Vergessene immer das Futter der Marke ´Billy` aus dem untersten Regal, was auch höchstwahrscheinlich schließlich den Hund umgebracht hatte.
An jenem morgen bellte der Hund aber nicht mehr, und er wusste auch nicht mehr genau seit wann. An jenem Morgen tat es ihm auf jeden Fall nicht mehr Leid.
Sein erster Gedanke hängte an der Tageszeitung, derselben, die ihm erlaubte, sich noch den heutigen Tag zu merken. Als er den kalten Boden unter den Füßen spürte, machte er kurze Bemerkung über den zustand seiner Pantoffeln und dachte, dass es schon an die Zeit wäre, zum ´Markt´ zu gehen. Mit diesem Gedanke im Hinterkopf ging er zu Türe.
Die Tageszeitung würde täglich zwischen 6.45 und 7.30 Uhr ausgeliefert, in die Briefkästen eingeworfen und wartete auf den Vergessenen um die gleiche Zeit jeweiliges Tages.
Seit der Vergessene merkte, es geschahen ganz selten jegliche Attentate, konzentrierte er seine Gedanken an dem Kulturteil. Und obwohl er nicht – nicht Mal in seiner Vergangenheit - zu den kultivierten Menschen gehörte, fand er es sinnvoll sich in diesen Teil genau einzulesen. Ganz abgesehen davon, dass er so gut wie nie ins Theater oder Kino ging, allein die Vorstellung, dass es die Orte gibt, in denen sich die Menschen versammeln um sich aufregende Dinge anzusehen, erfühlte ihn mit einem Gefühl der Erregung, was eine ziemliche Abwechslung in seinen Alltag brachte.
Immer versuchte er auch Mary dazu zu überreden, einer diesen Orte zu besuchen, die erklärte sich immer aber als ´zu beschäftigt um sich ihre Zeit mit irgendwelchen überflußigen Sachen zu vergeuden´.
Weiterhin blätterte er zu der Rubrik ´zu verschenken´. Dort standen immer irgendwelche, noch brauchbare Dinge, an die er die Hilde aufmerksam machen konnte. Die meistens interessante Annoncen hieb er sorgfältig auf und steckte in den weißen Umschlag, um sie zum Besuch am Mittwoch mitzunehmen.
Zum Schluß richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Artikel über die Migration zwischen Satelliten-Dörfer und Der Stadt Ohne Fluß. Man berichtete, es werden zusätzlich Bahne eingeführt, da der Verkehr in der letzten Zeit rasant gestiegen ist.
So vergingen erste stunden des Tages.

Meistens die Sachen, die der Vergessene besaß, besaß er schon seit der Zeit, an die er sich nicht mehr erinnerte. Auf Grund seines beschränkten Nutzen von denen war alles, was zu seinen Dingen gehörte, kaum verbraucht und in dem Zustand, den man zwar kein ´neuster Stand´nennen konnte, aber auf jeden Fall ´noch funktionstüchtig´ - auch, wenn es nicht so wäre, dauerte es lange, bis auf er sich entschied, etwas altes mit etwas neuem zu ersetzen.
Nicht, dass es ihn nicht freuen würde, sich eine Kleinigkeit praktischer Anwendung zu gönnen. Im Gegensatz, der Gedanke, etwas neues zu besitzen erfüllte ihn immer mit einem Hauch von Freude und befriedigte sein selten verspürtes Bedürfniss nach bürgerlichen Qualitäten des Lebens. Wie gut es ihm ging, als er durch die engen Straßen des ´Marktes´ schwebte und sich alles, Stück um Stück merkte. Und obwohl er immer wusste, was genau sein Ziel war – die Spontanität war nicht gerade eine seiner stärken – merkte er sich jegliche Kleinigkeit.
Er bewunderte den Fleiß der Marktfrauen, die ganz tüchtig alle die Wahren zählten, verpackten und den Kunden hinreichten. Der Klang der sich öffneten Kasse bedeutete immer, das die Transaktion abgeschlossen war und dem Kunde zu seiner Freude sein frisch-erworbenes Gut gehörte. Er zählte immer die Pfannen an dem Stand mit Haushaltswaren, von den ganz schweren, mit der schwarzen Beschichtung, bis zu den silbrigen, leichten Pfannen – anbei kontrollierte er immer, ob der Preis absteigend angelegt sei. Er hielt sogar bei den Damenstrumpfen an und fragte sich, ob sich Mary auf dem ´Markt´ auch welche mal gekauft hatte. Die wies ihn immer darauf hin, dass ´einem Man steht es nicht zu, Frauen ihres Alters dazu zu befragen´.


Ab und an kreuzten an ihn Menschen vorbei mit ganz verpackten Wägen, an denen sich riesige Berge den Waren stapelten, die zwar nicht alle vom ´Markt´ kamen, die jedoch ihre Eigentürmer sorgfältig in viele kleine Tütchen eingepackt und mitgenommen haben. Und, obwohl ihm die Gesichter von diesen Menschen ganz unlesbar und unbekannt vorkamen, müsste er bei dem Anblick von ihren verpackten Wägen an Hilde denken.
Er fragte sich öfters, woher sie alle Ihre Dinge her hatte. Manchmal, als er ihr beim Abwasch mitgeholfen hatte, verriet der Zustand der Exemplare ihrer Kollektionen nicht gerade mal die sauberste Herkunft, bei manchen dagegen war er sich sicher, dass sie sie irgendwo gegen Geld erworben hätte.
Als er schließlich bei dem Stand mit Pantoffeln angekommen sei, spürte er Müdigkeit und war schon genug durch den ´Markt´gegangen. Er beabsichtigte nicht allzu lange an den Wahl zu zweifeln – er kaufte ja den selben Paar jedes Jahr. Schweigend nahm er den selben Paar Schuen, gab dem Verkäufer die zerkniterten Scheine und ging.
Der Abendfrost war zu spüren.


In der Wohnungstür befanden sich drei Schlösse.
Normalerweise würde der Vergessene anwesend sein, als Mary ihr Abwasch erledigt hatte. Diesmal aber bettete er sie die Schlüssel mitzunehmen und die Türe sorgfältig abzuschließen, und zwar mit allen drei Schlössen, da es immer möglich sei, dass jemand einbrechen könnte. Und, obwohl er nicht auf die Idee kam, wer das sein konnte, die Tatsache der unverschlossenen Türen brachte ihn auf unangenehme Gedanken.
Obwohl Mary ihre Dienste schon seit Jahren geleistet hatte und als eine anvertraute Person galt, der Gedanke, jemand nahm die Schlüßel mit erfreute den Vergessenen ganz und gar nicht.
Dies zeigte sich auch an seiner Stimmung bezüglich der gewöhnlichen Sauberkeit und Ordnung, die sie nach sich hinterließ.
Er stand im Flur, mit der Papiertüte in der Hand und hängte sein Blick auf den abgenutzten Pantoffeln. Steckte die Tüte in den Wandschrank rein und zog die Pantoffeln an.

Im Kühlschrank befanden sich drei Tupaboxen, die entsprechend als ´Morgen´, ´Mittag´ und ´Abend´ beschriftet waren. Der Vergessene nahm das oberste Box, steckte es in die Mikrowelle und drückte den Knopf. Schweigend beobachtete er das Drehen des Untertellers und die Wanduhr. Er zählte fünf Minuten ab, nahm das Box und ging zum Tisch.
Schweigend Schluckte er und verdaute die Erbsen und Kartoffeln, die Mary vorbereitet hatte und, obwohl sie sich immer viel mühe gab, dass es ihm schmeckte, was sie gekocht hatte, empfand er die Mahlzeit als ganz eintönig, wie jeden Tag.
Der Vergessene wüsste nicht mehr, seit wann genau ihn Mary unterstützte. Die Betreuerin von den Staatlichen Einrichtungen meinte mal, Mary kam irgendwo aus irgendeinem der Satellit-dörfer. Über die Dörfler wüsste er, dass sie Täglich nach die Stadt Ohne Fluss fuhrten, um dort als Pfleger, Büro-angestellte oder Kontrolleure zu arbeiten. Manche waren auch bei der Tageszeitung in der Anzeigeannahme beschäftigt.
´Fräulein Mary´, wie er sie nannte, stand irgendwo im Alter von mitte 50. Der Vergessene wüsste nicht mehr, wie sie bei ihm angetroffen war. sie war eben da und kochte täglich und reichlich. Drei Mahlzeiten gab es immer, und immer etwas anderes, für jeden Tag der Woche. Ebenso bemühte sie sich um den Rest des Haushaltes.
Aber egal, wie viel Mühe sie sich gab, für ihn gehörte sie immer zu den ´Unsichtbaren´ Menschen. Er merkte sie kaum, als sie sich mit ihrer Arbeit bei ihm beschäftigte. Für ihn hinterließ ihre Anwesenheit Anzeichen von überall werdenden Sauberkeit und Ordnung und deswegen existierte sie auch in seiner Erinnerung. Diese Erinnerung war jedoch immer flüchtig und gleich vergaß er sie. Ihre kurze Gespräche beendete immer sein blases Lächeln und jeder kehrte danach zu seiner Beschäftigung zurück, beziehungsweise sie zu ihrer.
Da er selbst an nichts mehr glaubte, fragte er sich auch nicht mehr, ob die anderen es taten. Manchmal ging er zwar kirchen, aber eher um sich die Heiligen anzusehen und die Orgeln anzuhören. Dafür wählte er immer die Abendmesse, da ihm das Licht am besten entsprach.
Manchmal sah er Mary, wie sie in der einen von zwei Arbeitspausen die ihr von der Staatlichen Einrichtungen zugeschrieben waren, rauchend das heilige Bild an der Küchenwand betrachtete. Manchmal hörte sie auf zu rauchen und saß längere Zeit vor dem Bild. Angeblich dachte sie etwas anbei und sprach leise vor sich hin.
Was aber, dies stand außer seiner Vorstellungskraft.
Er beendete das Essen und kochte Tee. Der Tag war vorüber.



Erwacht

Wenn ich ab jetzt drei Jahre nach hinten blicke, fühle ich mich, als ob ich diese ganze Zeit in der Tiefe eines Ozeans verbracht hätte, wo es Stille herrscht und kein Licht einfließt... Jetzt bin ich erwacht.

(nach drei Jahren Einnahme vom Solian, 400 mg,
Diagnose: Paranoide Schizophrenie, Medikation


                                                 abgebrochen auf eigene Gefahr )

Mittwoch, 4. Juni 2014

Justin Bieber and girls

Justin Bieber grows in front of the cameras. Living always new love stories through, finally becomes a very demanding lover, also made for loving a girl.
Justin loves to stage love stories. They are full of dance, joy and romantic. He is always the main actor and the story goes about a girl as an object in the action. He plays with her telling sweet things in a really charming way. She´s the one in the middle, silent answer toward all dreams of a young boy as Justin about a woman.
As a mater of fact, this girl is someone perfect and unreal at the same time, no mater how close to the one, a mainstream girl would like to be. It has started with one of early clips, ´One less lonely girl´, with this really cute boy playing guitar for the really cute girl he saw doing her laundry. The girl is so innocent and cute while she helps with haushold and so is Justin, fighting for her heart.
Later on, together with Justin, grows his ideal of the girl, finally becoming confident, mysterious and sexy in ´Confident´.
To have a romance with Justin Bieber became a dream by now. Justin also knows how to warm this dream up, interacting with fans online, staging always new vision of fascinating affair, dancing in a romantic way with fans on the stage. It is somehow the mirror of mainstream - he is likable, rude and touchable at the same time.



Dienstag, 3. Juni 2014

Shaved haircuts

Shaving head by the women becomes new qualities. The thing which has been a punishment through the history gets new aesthetic values by now.Shaving Your head doesn´t mean becoming an asexual curiosity anymore.
The first one, who shaved her half hair, was Pink. Rihanna, known because of her crazy ideas for hair styles, did soon  the same. This trend started to get really popular by the mainstream girls, who wanted to make something which looks individual.
The history of shaving heads by women has actually a very cruel tradition. In the middle age, it was a punishment for adultery. Later on, during the Second World War, for having a relationship with a German soldier. So it was always a sign of being stigmatized, to deprive woman of her gender values.
However, the time is changing. Many modern women, at the beginning shaving hair as a sign of rebellion, discovered it as a fancy element, which may be also stylish, making it into an online campaign and presenting their point of view according to the traditional definition of being beautiful. Pressured by the women like Shined O´connor or Natalie Portman, they stared to refresh their aesthetics.
In the current time fancy haircuts, like half head shaved,are the subject of the whole communities, what makes them an independent aesthetic subject.



Donnerstag, 22. Mai 2014

The sense of online relationships

Falling in love through letters was happening for centuries. To communicate by writing used to be a manner of  well educated and good situated class. The deep thoughts between lovers were often written on a piece of paper, before making a proposal. First thing the future couples normally did, was watching each other and comparing this picture with the social status. Face to face communication wasn´t the main impulse to fall in love at all.
Through 1900 writing letters became more popular among the townspeople, starting to live international. Good educated, bold personalities started to have better communication with any other. Discussing about art and culture and what they do in the current time, the step to fall in love was not that far.
Great writers, like Balzac, Kafka, or Hlasko found their real love by writing letters. 

Reading a letter was often the topic of the pictures of Vermeer van Delft

 Writing is a very powerful form of communication. Exchanging thoughts, experience, sharing funny things can make the relation really deep and build real, strong friendship. Formerly reserved for the elite, finally starting to be mainstream. Thanks to internet.

However, many couples, who met online, claim online-relationship will never be what it used to be. Although the technology makes it so easy thees days.
Internet offers a lot of entertainment to online-couples. You can go out online together, play games, thanks to skype even sex is possible. But , actually, doesn´t it make us more consumers than lovers?
Having an online-love-story is something, everyone of us was thinking about at least once. In the age, where every one is connected, spending most time on the work or making his own PR. This, what used to mean something really special, becomes just another element of the lifestyle.

Second Life, originally invented for the people, who wanted to make their business online, is also the place, where some of them fell in love. Interesting, those relationships weren´t that strong and didn´t last for a long time.

Creating avatars, and putting them into real-life situations showed the factor of behavior in the online life. We started not only see thoughts of another person, her/his mood, but also the way he/she acts. That all made it even more real and easy to feel.

Pressured by the society, we treat getting married as a goal in life. The dream of many is to find ´the right´ one, create a perfect couple, and internet is the easiest way to make this dreams come through. 

Finding ´the one´ on 3D chat:

The culture of online-love created its´own community as well. Online dating has become thing, you proper prepare for. To start a relationship online is treated as a conscious choice of  an individual. We want to do it and to do it in the right way. Reading about all the bad experiences of others, we want to avoid all mistakes and make it just perfect. This perfection exactly makes us never finding, what we are actually looking for.